Zeitungsartikel in der Volksstimme Salzwedel
Nachfolgend ein Zeitungsartikel, der ein wenig gekürzt am 04.09.2024 in der Volksstimme Salzwedel veröffentlicht wurde und im folgenden Format auch die unveröffentlichten Teile enthält.
Das Interview führte Beate Achilles mit Britta Stützer unter dem Titel
„ Mehr Ehepaare trennen sich“
Haben Sie eine Erklärung für den Anstieg der Scheidungsraten im Altmarkkreis
Salzwedel um rund 30 Prozent von 2021 auf 2022?
Gegenläufig zu dieser Statistik sinken die Scheidungsraten in Deutschland im Schnitt seit einigen Jahren. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass es nicht mehr so stigmatisierend ist, sich bei Bedarf an professionelle Hilfe zu wenden und einen Paartherapeuten aufzusuchen.
Bei einem Anstieg der Scheidungsrate von 2021 bis 2022 denkt man natürlich ursächlich an die Pandemie und ihre Folgen. Die Paare konnten im Rahmen der Beschränkungen Konflikten weniger gut aus dem Wege gehen, manche Konflikte entstanden auch erst. Es gab vieles, über das es sich neu zu einigen galt: wer belegt welche Räume für das Homeoffice, wie wird die Kinderbetreuung geregelt, ist eine neue Rollenverteilung angemessen? etc. Dies alles fand in einer Atmosphäre der Unsicherheit und tendenziellen Überlastung statt.
Umso bemerkenswerter ist dabei, dass dennoch in dieser Zeit deutschlandweit die Scheidungsraten rückläufig waren. In einigen ländlichen Gegenden aber oft nicht, so auch im Altmarkkreis Salzwedel.
Einen möglichen Grund darin sehe ich darin, dass die Psychotherapeutendichte- ebenso wie die Dichte der Paar- und Familienberater – im ländlichen Raum geringer ist als im städtischen. Außerdem war es zu der Zeit unüblicher als heute, sich eine Paarberatung online zu suchen. So gab es keinen Ausgleich dafür, dass es im ländlichen Raum in Präsenz weniger Angebote gibt.
Nach wie vielen Ehejahren lassen sich die meisten Leute (in Ihrer Salzwedeler Praxis) scheiden?
Vor dem, dass die Paare zu mir kommen, liegt bereits ein Filter: Es sind die Paare, die bereit sind, in ihre Partnerschaft- in ihre Güte und ihren Erhalt- zu investieren. Gerade dadurch, dass sie sich in einer Lage, in der sie nicht mehr weiterwissen, Hilfe , übernehmen sie Verantwortung für Ihre Beziehung, was die Prognose tendenziell verbessert.
Im Schnitt wird eine Ehe nach 15 Jahren geschieden. Wie der Altmarkkreis im Vergleich dasteht, geht aus den Statistiken, die mir vorliegen, nicht hervor. Allerdings ist allgemein bekannt, dass soziale und wirtschaftliche Faktoren, die in städtischen und ländlichen Gebieten variieren, die Scheidungsrate beeinflussen können. In städtischen Gebieten könnten höhere berufliche und soziale Mobilität sowie größere Anonymität tendenziell zu höheren Scheidungsraten führen, während in ländlichen Gebieten traditionelle Werte und engere soziale Netzwerke möglicherweise stabilisierend wirken könnten.
Wer reicht eher die Scheidung ein – Frauen oder Männer?
Es gibt einen etwas älteren Psychotherapeutenwitz, der geht in etwa so: „Frauen haben kein Verständnis dafür, dass ihre Männer so glücklich verheiratet sind.“ Er spielt darauf an, dass Frauen insgesamt eher diejenigen sind, die Probleme innerhalb der Partnerschaft thematisieren. Ich denke nicht, dass sie mehr Probleme haben oder mehr darunter leiden. Sie sind nur gemäß ihrer Sozialisation eher dazu bereit, sich mit emotionalen Herausforderungen zu beschäftigen, sie zu beachten und in die partnerschaftliche Kommunikation einzubringen. Dadurch, dass dies nicht ausnahmslos auf dem Pfad der goldenen Kommunikationsregeln abläuft, sind es daraufhin nicht selten die Männer, die dann ein Problem damit haben, dass Frauen so viel an ihnen herummeckern. Sie wissen dann nicht mehr, wie sie sich richtig verhalten können. Sollten diese Tatsachen nicht konstruktiv bearbeitet werden, gegebenenfalls im Rahmen einer Paarberatung, können daraus durchaus Trennungsgründe werden.
Die Frauen sind statistisch diejenigen, die eher eine Scheidung einreichen. Sie reagieren sensibler auf Beziehungsthemen und handeln entsprechend.
Gibt es unterschiedliche Trennungsgründe von Frauen und Männern?
Entsprechend meinen Erläuterungen im vorangegangenen Absatz haben Frauen und Männer unterschiedliche Umgehensweisen mit Konflikten bzw. Unstimmigkeiten. Es gibt Unterschiede, wie gestritten wird. Durch die unterschiedliche Sozialisation von Männern und Frauen gibt es bei beiden unterschiedliche Kommunikationsstrukturen. Das worüber gestritten wird, ist in der Regel für beide gleichermaßen relevant.
Stimmt es, dass Männer – anders als Frauen – meist schon jemand neues haben, wenn sie sich trennen wollen?
Ja, das stimmt.
Was sind in Salzwedel typische Streitpunkte oder Probleme zwischen Ehepaaren, die
in Ihre Beratung kommen?
Oft geht es um wiederkehrende Konflikte, die eskalieren und nicht in einen konstruktiven Ausgang münden. Die Paare fühlen sich in einer Spirale gefangen und wünschen sich Rat und Unterstützung von mir im Rahmen der Paarberatung, um Handlungs- und Erlebensalternativen zu entwickeln. Die thematischen Inhalte können dabei sein:
Verwaltungsthemen des Alltags, gegenseitige Wertschätzung und Anerkennung, Umgang mit Stress, Verpflichtungen sowie deren Verantwortung, finanzielle Probleme, Außenbeziehungen und Eifersucht, Gewalt, ob psychisch, emotional oder auch physisch, Kommunikation und Wohlwollen, unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse in der Sexualität.
Verfolgen Sie bei Ihren Beratungen das Ziel, die Beziehung zu erhalten und zu heilen?
Oder gehen Sie ergebnisoffen an die Arbeit?
Wenn es das Ziel der Klienten ist, die Beziehung zu erhalten und zu heilen (und der Begriff Heilung definiert wurde), werde ich die Klienten professionell darin unterstützen, dieses Ziel zu erreichen. Es kann in der Paartherapie nicht um die Ziele des Therapeuten gehen, das würde nicht funktionieren. Die Klienten selbst legen fest, was sie erreichen möchten und was sich ändern möge. Ein wichtiger Punkt. Sollte der Auftrag am Anfang noch nicht klar sein, so kann ich entsprechend durch das Gespräch führen, um diesen herauszuarbeiten. Ein klärender Prozess.
Was sagen Sie zu dem Spruch: „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“?
Ganz so eindeutig ist es ja nie. An diesem etwas provokanten Buchtitel von Eva-Maria Zurhorst ist allerdings insofern etwas dran, dass es einer Partnerschaft sehr dienlich ist, wenn wir mit uns selbst im Reinen sind und gut mit uns selbst zurechtkommen. Ganz egal, wen wir heiraten, ist es natürlich trotzdem nicht. Aber ein Mensch der ein gutes Selbstwertgefühl hat, sitzt auch stabiler im Beziehungssattel. Hört Bemerkungen seltener als Kritik auf dem Beziehungsohr, weiß, dass er etwas zu geben hat und gibt auch gern. Er führt in der Regel die Beziehung nicht, weil er darauf angewiesen ist, sondern mit dem besonders guten Gefühl der Freiwilligkeit
Übrigens:
In der Einzel- , Paar- und Familienberatung biete ich auch an: Paarberatung Gardelegen und Paarberatung Klötze, Psychotherapie Lüchow und Paartherapie online