Interview mit Schülern der Jeetzeschule, 9.Klasse:
„Wie hat sich das romantische Liebesleben durch die Sozialen Medien verändert?“
Felix und Jana, 9. Klasse Jeetzeschule:
1.Ist der Respekt in Beziehungen in den letzten Jahren gesunken?
Britta Stützer, Kommunikationspsychologin (FH):
Die Nutzung sozialer Medien kann sich sowohl positiv als auch negativ auf den Respekt im Umgang miteinander auswirken.
Permanente Ablenkung beeinträchtigt die Qualität der Beziehung. Für ungestörte Zeit miteinander zu sorgen ist ein Ausdruck der Wertschätzung. Es zeugt nicht von Respekt denjenigen Personen gegenüber, die gerade physisch anwesend sind, mehr auf das Handy zu schauen, als der real anwesenden Person in die Augen. Es sagt: Du bist gerade nicht so wichtig, die anderen sind wichtig. Natürlich ist es eine Sache des Ausmaßes.
Wie ist es mit dem Respekt in der Bildschirm-zu Bildschirm Kommunikation?
Auch bei der Bildschirm-zu Bildschirm Kommunikation gibt es durchaus einige Möglichkeiten, Respekt auszudrücken: Liken, Kommentieren oder das Teilen von Beiträgen.
Die größere Anonymität, die im Netz gegeben ist oder gegeben sein kann, macht allerdings Respektlosigkeit leichter möglich. Man kann nicht so einfach „haftbar“ gemacht werden, und die Hemmschwelle ist kleiner, wenn ich niemandem in die Augen sehen muss.
F.u.J.: 2.Sind die Sozialen Medien ein Problem in einer Beziehung?
B.S.: Die Sozialen Medien selbst können kein Problem sein. Nur der Umgang damit.
Ich unterscheide auch hier zwischen Begegnungen, bei denen beide physisch anwesend sind und den Bildschirm-zu-Bildschirm Begegnungen.
Bei ersterem kann es ein gelingendes Miteinander erschweren, wenn beide Beteiligte ständig einen Bildschirm vor der Nase haben statt miteinander zu reden.
Bei zweiterem kann Eifersucht oder unrealistische Erwartungen eine Rolle spielen.
Es kommt auch hier auf den Umgang mit den Medien an. Gemeinsam digitale/ soziale Medien zu nutzen kann verbindlich wirken: Fotos teilen, gemeinsames Erstellen oder Besprechen von Inhalten.
F.u.J.: 3.Was sind Probleme in den heutigen Beziehungen?
B.S.: Da gibt es so einige zur Auswahl. Um ein paar zu nennen:
- Übermäßige Smartphone-Nutzung – Ablenkung durch soziale Medien kann echte Gespräche und gemeinsame Zeit beeinträchtigen.2. Vergleich mit idealisierten Online-Beziehungen – Social Media zeigt oft nur die perfekten Momente anderer Paare, was Druck erzeugen kann.3. Bindungsangst und Unsicherheit – Viele Menschen haben Angst vor Verpflichtungen oder sind unsicher über ihre Gefühle.4. Unterschiedliche Erwartungen an Nähe und Freiraum – Während einige viel Zeit zusammen verbringen wollen, brauchen andere mehr Freiraum.5. Schwierigkeiten in der Kommunikation – Missverständnisse entstehen oft, wenn Partner ihre Bedürfnisse nicht klar äußern.
6. Stress durch Arbeit und Alltag – Wenig Zeit füreinander durch Karriere, Kinder oder andere Verpflichtungen kann zur Entfremdung führen.
7. Vertrauensprobleme und Eifersucht – Besonders durch Online-Aktivitäten kann Unsicherheit in der Beziehung wachsen.
8. Unterschiedliche Lebensziele – Wenn Partner in Zukunftsfragen nicht übereinstimmen, kann das zu Konflikten führen.
9. Fehlende emotionale Intimität – Viele Paare verlieren mit der Zeit die tiefere emotionale Verbindung.
10. Sexuelle Unzufriedenheit – Ein Mangel an körperlicher Nähe oder unterschiedliche Bedürfnisse können Spannungen verursachen.
Wichtig ist, miteinander im Gespräch zu bleiben. Wenn das nicht mehr gelingt, kann professionelle Hilfe in Form einer Paartherapie eine Lösung sein.
J.u.F.: 4.Wie haben sich die Beziehungen im Vergleich zu vor ein paar Jahren geändert?
B.S.: Durch die Digitalisierung und soziale Medien kommunizieren Paare heute häufiger über Nachrichten und Videoanrufe, was Nähe schaffen, aber auch Missverständnisse verstärken kann. Gleichzeitig sind Beziehungsmodelle flexibler geworden – offene Beziehungen und Polyamorie werden zunehmend akzeptiert, während traditionelle Rollenbilder immer mehr hinterfragt werden.
Auch die mentale Gesundheit spielt eine größere Rolle, denn viele achten stärker darauf, emotionale Bedürfnisse zu erkennen und Grenzen zu setzen. Mit der veränderten Rollenverteilung wachsen zudem die Erwartungen an Partnerschaften: Gleichberechtigung und gegenseitiges Verständnis werden als wichtiger beurteilt. Gleichzeitig steigt der Druck durch idealisierte Darstellungen in sozialen Medien, wodurch manche Paare sich mit unerreichbaren Standards konfrontiert sehen.
J.u.F.:5.Wie haben sich die Beziehungen im Thema LGBTQ+ verändert?
B.S.: LGBTQ+-Beziehungen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Mehr gesellschaftliche Akzeptanz und rechtliche Gleichstellung, wie die Ehe für alle, erleichtern es vielen, ihre Identität offen zu leben. Gleichzeitig fördern soziale Medien und Dating-Apps die Vernetzung und Sichtbarkeit.
Trotz Fortschritten gibt es weiterhin Herausforderungen, besonders durch Diskriminierung in konservativen Gesellschaften. Auch alternative Beziehungsmodelle wie offene Beziehungen und Polyamorie gewinnen an Akzeptanz. Dennoch bleibt gesellschaftlicher Druck ein Thema, das mentale Gesundheit und Partnerschaften beeinflussen kann. LGBTQ+-Beziehungen sind heute freier und vielfältiger, aber nicht ohne Hürden.
Danke für das Gespräch
Übrigens: Paarberatung Salzwedel umfasst auch Paarberatung Lüchow und Familienberatung Lüchow